Jungweine sind ein bisschen wie Botox-Gesichter. Die Ausdrucksmöglichkeiten sind bei beiden ziemlich eingeschränkt, hier durch Lähmung, dort durch brachiale Einheitsvinifikation - trotzdem mögen es viele so haben. Und das, obwohl ein Wein, der im September noch als Traube am Stock hing, Anfang November nur mit vielen technischen Mätzchen klar und duftend in der Flasche sein kann.
Dass es der Steirische Junker in Österreich geschafft hat, den international fest etablierten Beaujolais nouveau zu verdrängen, ist eine Meisterleistung der Vermarktung. Und dass dieses Erfolgsrezept mittlerweile von allen Regionen kopiert wird, sei auch gestattet. Schließlich wird mehreren Seiten Gutes getan: jedem Winzer, der seine mäßig aufregenden Sorten unter einem Jungwein-Label doch gewinnbringend verkaufen kann. Und den österreichischen Weintrinkern, die Frucht und Spritzigkeit lieben wie sonst niemand.
Dass dieser Wahn nach Jugend auch auf die ernsthafteren Weine durchschlägt, ist leider wirklich bedauerlich. Nur wenige wissen mit Aromen etwas anzufangen, die sich außerhalb des Frucht-Spektrums von Jungweinen bewegen, das ebenso attraktiv wie endenwollend ist. Sie verzichten auf ein samtiges "Mouthfeel", das nichts mit der Anmutung von Schmirgelpapier zu tun hat, das man mit zu jungen Weinen mitgeliefert bekommt. Die Komplexität von reifen Weinen bleibt ihnen verschlossen. Dass ein guter Wein auch mit der Reife Frische bewahrt, haben sie noch nicht verstanden. (Luzia Schrampf/Der Standard/rondo/31/10/2008)
Trotz der "not interesting varieties" find' ich den Artikel insgesamt prima & sehr treffend!
AntwortenLöschenSchönen Tag & al
U.
Jungweine sind halt ein Phänomen, dass in Österreich verstärkt auftritt, wie Luzia treffend beschreibt. Aber trotzdem finde ich nicht, dass irgendjemand "guten" Wein in den Jungwein entsorgt. Denn vor allem beim ersten Wein des neuen Jahrgangs muss die Qualität stimmen.
AntwortenLöschenFranz